Wie kann sich der Ackerbau auf die Herausforderungen des Klimawandels vorbereiten? Forscherinnen und Forscher der BOKU entwickeln gemeinsam mit Praktikern mögliche Strategien.
Mit den Unsicherheiten der Witterung wirtschaften: Dieser Herausforderung steht die Landwirtschaft im Klimawandel zunehmend gegenüber. Klimafitte Böden durch Humusaufbau sind dabei eine zentrale Stellschraube, um den Ackerbau auf schwierigere Zeiten vorzubereiten. Die BOKU-Institute für Pflanzenbau und Bodenkunde suchen dafür in einem Netzwerk mit Praxisbetrieben neue Lösungsansätze.
Humusaufbau für Kultur und Klima
Humus ist ein Allrounder für Klimawandelanpassung und Klimaschutz in der Landwirtschaft. Er rüstet den Boden gegen Witterungsextreme wie Starkregen und Trockenheit: Niederschlag kann besser versickern, der Boden erodiert nicht und in trocken-heißen Phasen steht den Pflanzen Wasser zur Verfügung. Darüber hinaus stellt Humus einen wichtigen Speicher für Kohlenstoff dar, indem CO2 aus der Atmosphäre über Spross- und Wurzelrückstände in den Boden gelangt. Humusaufbau ist also eine potenzielle Klimaschutzleistung der Landwirtschaft.
Historische Änderungen in der Landnutzung – von Wäldern und Wiesen bis hin zu Ackerflächen – haben aber zu einem Verlust von etwa 40 bis 60 % der Bodenkohlenstoff Vorräte geführt. Man kann daher durchaus von einem relevanten Speicherpotenzial für CO2 in Ackerböden ausgehen. Die Frage ist nur: Was sind realistische Ziele und wie erreicht man sie? Um diese Frage zu beantworten, haben Gernot Bodner und Katharina Keiblinger, Forscher an den Instituten für Pflanzenbau bzw. Bodenforschung der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU), eine gemeinsame Initiative gestartet. Zur Hilfe kommen ihnen dabei eine neue Humustheorie sowie frischer Wind aus der Praxis.
Wie wird Kohlenstoff im Boden eingelagert?
Seit etwa zehn Jahren weiß man, dass sich die Kohlenstoffspeicherung im Bodenhumus vor allem durch prinzipiell leicht abbaubare organische Stoffe, z. B. Ausscheidungen von Zucker oder organische Säuren im Wurzelraum, speist. Sie können durch Ton- und Eisenoxidteilchen stabilisiert werden. Bodenmikroorganismen selbst sind für solche „TonHumus-Komplexe“ eine besonders wichtige Kohlenstoff-Quelle. Auch die Einlagerung in Bodenkrümel hilft, Spross und Wurzelreste im Boden über lange Zeit zu speichern. Dagegen spielen freiliegende, chemisch schwer abbaubare Stoffe wie verholzte Strohreste eine eher geringe Rolle im Gesamthumus. In den Forschungsarbeiten soll nun geklärt werden, wie hoch die Speicherpotenziale der verschiedenen „HumusPools“ sind und welche Quellen sie speisen. Braucht es eine Förderung der Mikrobiologie, um stabile Ton-Humus-Komplexe zu erhöhen? Müssen Bodenaggregate besser geschont werden und welche Rolle spielen Wurzeln, um diesen Humus-Pool aufzubauen? Gibt es auch auf sandigen Böden stabile Speicherpotenziale jenseits des frei liegenden Kohlenstoff-Pools?
Untersuchung auf Pionierbetrieben
Die Untersuchungen finden auf Flächen landwirtschaftlicher Pionierbetriebe statt – im Vergleich zu Feldern mit standortüblicher Bewirtschaftung. Die Pionierbetriebe verfolgen Bewirtschaftungskonzepte, bei denen der Aufbau der Bodenfruchtbarkeit im Mittelpunkt steht: vielfältige und intensive Begrünungen, schonende Bodenbearbeitung, diverse Fruchtfolgen, wenn vorhanden organische Düngemittel. Viele der Betriebsleiter sind aktiv in Vereinen wie etwa Boden.Leben oder der Humusbewegung, experimentieren mit neuen Managementansätzen und sind wichtige Multiplikatoren für Innovation in der Praxis. Damit treffen Grundlagenwissenschaft, moderne Messmöglichkeiten der BOKU und innovative Ackernutzungssysteme in
einer gemeinsamen Forschung zu-sammen. Die Untersuchungen auf Pionierflächen lassen eine realistische Abschätzung von Humusaufbau-Potenzialen erwarten und können erfolgreiche Bewirtschaftungsstrategien für verschiedene Standorte aufzeigen. Den BOKU-Forscherinnen und -Forschern bieten sich so wichtige Möglichkeiten, die neuen Theorien zu Humusbildung und -stabilisierung in Ackerböden zu überprüfen und weiterzuentwickeln.
Dieser Beitrag wurde von Boku Wien und Bauernjournal bereit gestellt.